Tag 12 | Batumi (GE) – Tiflis (GE)
11. Mai 2016 | gefahrene Stecke: 389 km
Heute geht es nach Tiflis. Wir sind sehr gespannt auf diese für uns neue Art von Metropole. Da uns „Enjoy the Silence“ von Depesche Mode um 07:00 Uhr gar nicht leise aus den Schlaf geholt hat und somit wir um 08:00 Uhr abfahrbereit waren gab es kein Frühstück im Hotel. Denn das ist erst ab 09:00 Uhr verfüg- bzw. eßbar. Dank der vorausschauenden Simone gab es aber vom Hotel gepackte Lunchboxen. Nach der morgendlichen Abstimmung über Route und der kurzen Kontrolle von Öl und Wasserstand an den Wüstenschiffen ging es los. Kurz noch mal zum Thema Öl. RMS Hildesia hat auf den letzten 5.000 km ca. 7 Liter Öl verschlungen. Wir haben 11 Liter mit an Bord. MS Wappen von Moritzberg II ist mit ca. 3 Liter dabei. Wir werden also noch Öl kaufen müssen. In Summe halten sich die beiden Omegas aber sehr wacker.
Zurück zur Tour. Der Start in Batumi, die Stadt aus Grau, Glitzer und Betonwüste folgte eine Fahrt durch Dörfer oder welche die es mal werden wollen wo man das Gefühl hatte man ist auf der Bustour im Film „Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten“ mit Michael Douglas. Unmengen an Strassenverkäufern wechselten sich mit steilen Schluchten und Abhängen ab. Hier waren Bäume und Büsche in einem so satten Grün das man denken könnte die Natur wäre mit diesen Lampen beleuchtet die auch gerne Schlachter nehmen damit das Fleisch immer besonders saftig, lecker und frisch aussieht.
Das Wetter war abermals mehr als bescheiden. Es regnete schon wieder, warm war es auch nicht. Ca. 12-15 Grad war es draußen. Horrorbotschaften von 27 Grad in Hildesheim erreichten uns. Wie ungemütlich dachten wir. Lieber schön kuschelig mit Jacken im Auto sitzen die wir im Prinzip seit 10 Tagen ununterbrochen an haben als in der Heimat zu schwitzen.
Auf einer langen geraden mit einer seichten Linkskurve ist ein Team mit Opel Frontera’s in einem Unfall verwickelt. Ein Frontera lag schräg im Straßengraben. Hilfe war unerwünscht. Wie sich später herausstellte hat die Polizei die Hilfestellung unterbunden. Lag auch daran das natürlich alle nachfolgenden Teams angehalten haben und helfen wollten: Ehrenkodex bei der Allgäu-Orient-Rallye. Ein entgegenkommendes Fahrzeug ist in dieser besagten Linkskurve mit dem Heck ausgebrochen und hat somit den Frontera von der Straße geholt. Wundert mich ein wenig, denn ein Frontera ist nun auch nicht gerade ein Kleinwagen. Der Unfallgegner schon. Also weiter ging’s. In einem der unzähligen kleinen Dörfer die wir passierten machten wir noch mal kurz Rast um einen Kaffee zu trinken. Das Team 50 kam kurz nach uns an und hielt auch kurz. Kleiner Talk unter Rallyeteilnehmern. Die Tour führte uns weiter in das Landesinnere und schraubte uns durch sehr enge Kurven rauf bis auf ca. 1.650 Meter. Die Straßenverhältnisse waren ok. Doch das sollte sich auch bald ändern. Einige Straßenzüge hatten ihre eigenen „Shop-Schwerpunkte“, Der „Kaffee-Meile“ mit Lavazea Ständen und selbst einem Starbucks (kann aber auch nur die Werbetafel gewesen sein) folgte der „Bäcker und Brot Meile“, anschließend die Holzbretter-Meile. Am Ende gab es dann noch die „Bastkorb und Hängematten Meile“ sowie die „Leiter-Meile“ aus Bambusrohr die ich noch nie in solchen Größen und Dicken gesehen habe.
Nächster Abschnitt auf der Route. Rechts abbiegen von der Hauptstrasse auf die Nebenstraße die jetzt noch ca. 180km durch das Weinanbaugebiet von Georgien führte. Hier waren die Straßen in einem katastrophalen Zustand. So werden in Summe aus 180km dann auch gerne 3-4 Stunden Fahrzeit. Der Weinbau glich eher dem Selbstkonsum. Weinberge haben wir nicht gesehen. Vielmehr waren die Dächer der Häuser und Veranden mit Weinreben bepflanzt. Es gab über mehrere 10-Kilometer Strecken nicht einen Supermarkt oder ähnliches. Wir fragen uns wie versorgen sich die Leute, denn auch Autos waren hier Mangelware. Und Industrie und Handwerk war auf ein Minimum bis gar nicht beschränkt. Bei einer Kaffeepause in einem größeren Dorf, Stadt kann man noch nicht sagen, bedarf es auch mal der einen oder anderen menschlichen Bedürftigkeit. Diese wurde dann in den Privaträumen/Wohnung des Ladenbesitzers entledigt.
Am Ende der Nebenstrecke, kurz vor Tiflis mussten die Wüstenschiffe neu betankt werden. Über 60 Liter Super für ca. 40 Euro. So wenig habe ich sogar bei meinen Fahranfängen mit 18 Jahren nicht gezahlt.
In Tiflis bot sich das gleiche Bild wie in Istanbul und Ankara. Verkehrskollaps. Ich mache mir ein wenig Sorgen über die Kupplung an der RMS Hildesia die in den Strecken ab Istanbul Europa nach Istanbul Asien mehr als stark beansprucht wurde. Dieser leichte gummiartige Geruch macht sich auch hier wieder bemerkbar. Die erste Kontrollpunkt der AOR 2016 in Tiflis war am Platz der Republik. Hier in der Nähe soll der dritte Friedens-/Rosengarten entstehen. Den Platz haben wir schnell gefunden. Alle Einfahrstrassen in Tiflis führen dort hin. Doch von einem Garten, gar andere Teams oder Rallyefahrzeugen war weit und breit nichts zu sehen. Vor diesem Hintergrund beschlossen wir erst mal einen größeren Parkplatz aufzusuchen um zu orientieren. Auf dem Parkplatz des SAS Radisson Hotels synchronisierten wir uns. Als auf einmal der Wilfried Gehr vor uns stand und sagte „schön das Ihr da seid. Die Rosen werden gleich hier hinter dem Zaun gepflanzt.“ Ohne es zu wissen war der „Orientierungsparkplatz“ das Ziel des heutigen Tages.Wir holten unseren letzten Rosenstock aus dem Fahrzeug.. Der Ort wo konkret der Rosengarten gepflanzt wird ist eine kleine Grünfläche direkt an unserem jetzigen Parkplatz. Auch die Einzelteile des Allgäu Orient Rallye Metallbogens wo sich die Rosen festranken können wurde durch andere Teams komplett abgeliefert. Wenn alle Rosengärten fertig sind werden wir die Bilder über das OK der AOR zur Verfügung gestellt bekommen.
Das heutige Fahrerlager entpuppt sich wieder als Lotterie. Das ursprüngliche ist es nicht mehr, das neue was uns Wilfried gesagt hat ist voll und das jetzige was irgendwo wieder im „Off“ ist möchten wir nicht. Vorsorglich haben wir in Batumi über booking.com eine kleine Pension unweit vom zukünftigen Rosengarten reserviert. Und direkt am Kneipenviertel in Tiflis.Perfekt. Also Abfahrt. Denkste. Vorne rechts hat MS Wappen von Moritzberg II einen Plattfuss. Eine Schraube der Übeltäter. Der Wagenheber aus dem Dickschiff hat leider keine Kurbel. Wir hatten zwar vor Antritt der Rallye geprüft ob Wagenheber an Bord sind, aber nicht die Funktion. Ich frage mich gerade wer braucht nur die Kurbel des Wagenhebers, die eigentlich auch nicht ohne rohe Gewalt vom eigentlichen Heber entfernt werden kann. Ok, dann also der Wagenheber aus RMS Hildesia. Ohne den halben Laderaum zu löschen kommt man nicht ran. Alles mitten auf der Strasse in Tiflis. In Deutschland wäre spätestens jetzt das komplette Verkehrschaos ausgebrochen. Natürlich will alle glotzen wollen, so typisch deutsch halt. Nicht so in Tiflis. Juckt hier keinen. Alle in drei Spuren an uns vorbei während wir auch noch das Radkreuz vom Dach losschnallen mussten. Der Umbau hat tadellos funktioniert. Das Ersatzrad war noch schön mit dem grauen Kleister vom geplatzten Istanbuler Betonsilo geschmückt. Die Pension Maia, wie gesagt, sehr nah an dem Standort wo wir uns gerade befinden hatte nur ein Problem. Es gab dort keinen Parkplatz. Vor dem SAS Hotel wollten wir auch nicht parken, also sind wir in Schleichfahrt an der Pension vorbei um evtl. zwei Parkplätze zu ergattern. Ist irgendwie so als sucht man in Köln gegen 20:30 auf dem Hohenzollernring einen Parkplatz für einen Sattelschlepper. Und ob man es glaubt oder nicht, wir haben Glück gehabt. Zwei Parkplatze direkt nebeneinander, ca. 200m von der Pension entfernt. Jetzt die spannende Frage. Parkplatzgebühren? Wir sehen zwar ein Schild auf dem sowas steht wie „hier wird abgeschleppt“. Ein Taxi Fahrer der mal in Hamm gewohnt und gearbeitet hat sagt uns auf gebrochenen Deutsch das dort nicht abgeschleppt wird. Ich bin auch der Meinung. Vorsorglich legen wir ein Schild in die Fahrzeuge mit der Bitte uns nicht abzuschleppen sondern anzurufen. Die Pension ist gemütlich, sauber, hat ein Bad mit WC und WLAN. Was will man mehr. Kurz „schrittfrisch“ gemacht, danach wollen wir ein Restaurant aufsuchen. Wir finden, was soll man sagen direkt ein Irish Pub, Aus dem Pub hört man gerade den Anfang von „Another Brick in the Wall“ von Pink Floyd. Gute Location sagten wir, also rein. Sie war auch gut, aber auch sehr laut. So laut dass man in Deutschland auf den Schlag alle Konzessionen verlieren würde um jemals auch nur ansatzweise eine Kneipe oder irgendwas anderes wo man Musik hören kann zu eröffnen. Aber die Band war klasse. Viele gute Songs von Led Zeppelin, Depesche Mode, Pink Floyd und andere. Zum Glück machte die Band alle zwei bis drei Songs Pause, so hatte man auch mal die Möglichkeit sich zu unterhalten. Wir aßen, völlig untypisch für das Land und Rallye Burger. Sehr lecker.
Noch zwei bis drei Bier und der 10. Rallyeetappentag ist zu Ende.
Bis morgen.