Tag 9 – Chinesen Rallye Teil 2 – KITT hat sich verrechnet

Tag Wetter Wir
10 11052014 5
Route
Çorum – Zile – Tokat
gefahrene Strecke: 353 km | Fahrzeit (inkl. Pausen und Tanken) 06:40 Std.
Höhenmeter: 1.412m

11.05.2014

Es ist unglaublich. Es ist 08:00 Uhr, kein Prince, kein Regen, nur Sonne, fröhliche Leute, einige offene Motorhauben, hier und da Musik, aber sonst nur Sonne. Endlich. So nach und nach gehen alle Heckklappen oder Dachboxen auf. Letzteres erinnert mich ein wenig an die Gruft von Graf Darcula und dem Video „Thriller“ von Michael Jackson. Das Fahrerlager ist erwacht und die Leute entfalten sich aus Ihrer teilweise abenteuerlichen Schlafkonstruktionen. Wir freuen uns auf unser erstes sonniges Frühstück auf der FuntasticSix Insel. Lediglich die vorhandenen 10 Toiletten, nach türkischen Standard, haben den Ansturm der ca. 600 Fahrer und Beifahrer, sowie -innen nicht standgehalten. Aber das konnte den besagten ca. 600 Leuten die Laune nicht verderben. Ein weiteres Highlight: Wir haben den ersten eigenen Kaffee gekocht. Wie lecker doch Nescafe Instant Kaffee schmecken kann. Mit eigenem Wasser und eigenem Kocher selbst gebrüht, ok aufgegossen. Sonst ist man immer nur einen Knopfdruck am hauseigenen Kaffeevollautomaten entfernt um in den Genuss des schwarzen Goldes zu kommen, weiß man hier die Arbeit von Schiebern, Zahnrädern, Wellen und Kaffeesatzbehältern wirklich zu schätzen.

Wir haben ein fürstliches eigenes Frühstück mit Lebensmitteln aus dem Vortag bis ca. 11:00 Uhr genossen. Danach wieder wie üblich alles in den Laderaum der Wüstenschiffen verstauen.

Um 12:00 Uhr ist der Start des Fahrerlagers geplant. Den üblichen Gepflogenheiten des OK ist heute mal nichts anders, nichts „kurz vor zwölf“ umgeplant und nur 1/3 darüber informiert. Alles ist so wie wir Deutsche es lieben. Plan ist Plan.

Mit wilden Gehupe, Getröte, sowie Geklatsche aus allen Richtungen bahnte uns den Weg durch das Startportal. Auf ging zum zweiten Offroad Tag. Als Etappenziel steht Togat im Roadbook, nicht in beiden, aber wer die Version 2.0 und 1.0 aufmerksam ließt, auch weiter als nur gefordert sieht dass die neuere Version endet, aber das Etappenziel noch nicht erreicht ist, also dann wieder mit 1.0 weitergeht. Wir empfinden das nicht mehr als kompliziert.

Nach einigen steinigen Wegen kam endlich der Schotter, der Staub, die Kurven die man mit ordentlich Schwung nehmen musste da die Wüstenschiffe mit der aktuellen Last auch einfach zu wenig Drehmoment unter der Haube haben. Von Michael, einem Geisterfahrer.in haben wir eine Magentfusshalterung für die GoPro bekommen. Heute ist sozusagen Fun6TV Drehtag. Die GoPro wird in allen erdenklichen Positionen gesetzt, vom iPhone aus gesteuert und aktiviert. Die ersten Aufnahmen die wir allerdings noch zu einem kleinen Film schneiden möchten sind sehr vielversprechend. Ihr könnt gespannt sein.

Nachdem so langsam auch der Innenraum zugestaubt war, die Fenster mussten offen bleiben. Wir hatten zum einen mal wieder ein Hitzeproblem an MS Huckup, die Heizung musste teilweise volle Pulle laufen. Zum anderen war die GoPro an einer Position die, wenn ich mich während Fahrt auf die Fensterbrüstung setze, umsetzen konnte. Und siMone fand nach anfänglichen Zögern richtig Spaß daran das Wüstenschiff um die teilweise extrem engen Kurven herum zu driften. Irgendwann setzte leichter Nieselregen ein, wenig, aber genug um die teilweise asphaltierten Straßenstücke teilweise in echte Rutschbahnen zu verwandeln. Links die Böschung steil reif, rechts die Böschung steil runter. Leitplanken und sonstige Schutzmaßnahmen gegen ungewollten FlicFlac; Fehlanzeige. Und es musste kommen was kommen musste. Der LT des Team #21 Operation K.I.T.T. rutsche auf der Fahrbahn, kein ABS und der Wagen legte sich auf die Seite. Zum Glück rutsche er gegen die linke Böschung. Bei der anderen Seite wäre es nicht so glimpflich ausgegangen und der Wagen hätte sich mit samt Insassen den Hang heruntergrollt. Wirklich Glück gehabt. Und auch die Heizer unter uns, zu denen man automatisch mutiert, kamen wieder zurück zu den Tatsachen. Wie selbstverständlich hielten alle nachfolgenden Teams und halfen dem Verunfallten wieder auf die Straße. Da wir, Team 78, und ich denke hier die meisten Teams nicht darauf aus sind, grundsätzlich erster zu sein, bzw. es als absolut notwendig erachten alle Fahrzeuge vor einem zu überholen um dann, ja eigentlich was zu sein? Schnelligkeit ist grundsätzlich nie ein Wertungsgrund für die Rallye. Alle anderen die das trotzdem als zwingend notwenig empfinden sind Spielkinder, Nerds oder haben einen, ich sage mal, Hosenkomplex.

Nachdem mit gemeinsamer Kraft, unter Mithilfe einer Seilwinde der LT wieder auf die beine zu helfen wurde unter lautem Geklatsche der Motor wieder gestartet. Verdammt gute Technik ohne neumodischen Schnickschnack läßt sich durch sowas nicht aus der Ruhe bringen. Die Windschutzscheibe welche aus dem Rahmen geflogen war wurde mit Panzertape wieder am Fahrzeug befestigt. Das Seitenfenster erhielt eine schicke Scheibe aus bleuen Müllsacktuch. Aber die A-Säule hat einen mächtigen Knicks bekommen. da müssen die Jungs von Team 21 heute Abend noch mal ran. Apropos Jungs und Team 21. Die beiden Fahrer sind zum Glück mit dem Schrecken davon gekommen. Ein wenig bleich um die Nasenspitze, was ihnen nicht zu verdenken ist, aber wohlauf und können die Fahrt fortsetzen.

Ein paar Kurven weiter hatte sich das jordanische Prinzessinen Team in einer Kurve mit dem 3er BMW halb in den Graben manövriert. Das rechte Hinterrad hing in der Luft über dem Graben, das Fahrzeug saß komplett auf dem Unterboden auf. Schlepper MS Huckup nahm den Gestrandeten an den Haken und raus ging es aus dem Graben. Der Wagen hatte keinen Schaden genommen.

Wir durchquerten neben wirklich kleinen Dörfern, die im Prinzip aus fünf Häusern bestanden, zwei kleine Ortschaften für die die Durchfahrt eine Art Volksfest bedeutet. Alle waren auf den Straßen, begrüßten uns teilweise per Handschlag, gaben uns selbstgebackenes zu essen, Ayran und Wasser zu trinken. Und sie fühlten sich besonders wohl wenn sie es uns schenken durften. Auch standen wieder einige Kinder am Wegesrand die wir mit den Utensilien wie Schlüsselbänder und Stofftiere beglückten. Auch hiervon haben wir einige tolle Filmaufnahmen die wir noch zusammen schneiden müssen. Die willkommene Rast wurde auch wie üblich zum Gedankenaustausch mit anderen Teams genutzt. Die schöne krvenreiche Landschaft wurde dann durch 45 km gerade und vierspurige Landstraße abgelöst. Was uns wirklich beeindruckt hat ist dass wir mit den Rallyefahrzeugen immer Vorfahrt haben. Überall an Knotenpunkten standen den ganzen Tag über Polizisten, teilweise Soldaten und haben den fließenden Verkehr angehalten und uns freie Fahrt gewährt. Ob sie mit den Maschinengewehren der Forderung den lokalen Verkehr zum anhalten zu bewegen mehr Ausdruck verliehen haben kann ich nicht beurteilen,

Als wir Zile erreichten wurden uns wieder Getränke gereicht. Mineralwasser in kleinen Plastikbechern wie man sie aus Flugzeugen her kennt. Mit diesen Plastikbechern hat es auch noch etwas auf sich. Die ganzen letzten Wochen hat man viele Diskussionen über die weltweite Müllentsorgung geführt. Vor allem diese super leichten Plastiktüten ist dem Umwelt ein Dorn im Auge. Gerade diese Art von Tüten sind auf türkischen Basaren in heimatlichen Gefilden sowie gerade hier in der Türkei ein Bild des Alltages. Überall sieht man diese Dinger. Und ich bin der Meinung, gerade im Ausland als Gast sollte man sich entsprechend benehmen. Und dazu gehören auch diese Wasserbecher die wir hier und da regelmäßig kostenfrei erhalten. Und es gbt da so ein paar Leute die sich einen Spaß daraus machen diese Wasserbecher als Wasserbomben zu nutzen. Ich behaupte sogar sie haben sich im Supermarkt damit eingedeckt. Diese dann in andere Fahrzeuge zu schleudern die vielleicht auch das Fenster offen haben mögen einige als witzig und spaßig empfinden. Wenn dabei aber u.U. iPADs, geliehene Fotoausrüstungen für mehret 1.000 Euro unter Wasser gesetzt werden hört der Spaß dann doch irgendwo auf. Oder man sich einen Berg hochschlängelt und rechts (wie schon mal beschrieben) keine Sicherungsmaßnahmen vorhanden sind, sowie und es mehrere 10 Meter steil dem Abgrund herunter geht, es überhaupt nicht zum lachen ist, wenn so ein Wasserbecher plötzlich und unerwartet auf der Frontscheibe explodiert. Und dann ist da wieder der weggeworfene Müll. Ist das wirklich witzig? Vor den genannten Umständen klares Nein, für einen Kinderstreich einmal ja, beim zweiten Mal wirkt es schon langweilig, und wie gesagt, hier und da auch gefährlich und teuer.

Gegen Abend erreichten wir den Zielort Tokat. Es gab aufgrund der großen Anzahl Fahrzeuge und Platzprobleme zwei Fahrerlager. Eines oben am Museum und eines unten zentral auf einem Marktplatz.Wir parken dort die Wüstenschiffe und gönnten uns auch mal wieder Hotel. 300 TL für drei Doppelzimmer, was pro Person umgerechnet ca. 15 Euro bedeutet. Mit den Zelt- und Autoübernachtungen der letzten Tage liegen wir also voll im Budget. Und es gab mal wieder eine Dusche, ein richtiges Bett, Frühstück und free WiFi, wobei wir ja mit dem mobilen Hotspot jetzt unabhängiger sind, aber auch Datenverbrauch sparen können.

Morgen geht es ans schwarze Meer, nach Ordu.

Wir gehen jetzt was essen. Mahlzeit.

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